Ausgereizt – das vorläufige Ende einer langen Reise
Über drei Jahre sind wir nun schon unterwegs. Das ist eine ganz schön lange Zeit. Bei unserem Aufbruch in Deutschland wussten wir schon, dass unsere Reise länger dauern könnte. Womit wir jedoch nicht gerechnet haben: dass wir irgendwann stecken bleiben und es nicht mehr weiter geht.
Normalerweise wären wir im Sommer und Herbst 2020 durch die USA und Kanada gefahren, hätten anschließend den Winter in Südeuropa und Nordafrika verbracht und würden uns jetzt schon um die anstehenden Visa für Asien kümmern. Doch dann kam die Pandemie dazwischen.
Nun sitzen wir noch immer in Mexiko und alles sieht ganz anders aus. Deswegen ist es an der Zeit, euch einzuweihen. Also: tief durchatmen. Wo fang ich am besten an?
Die Ausgangslage: Ein ganzes Jahr
“Na, dann bleiben wir eben noch in Mexiko und verschieben alles um ein Jahr nach hinten. Wenn es dann nicht geht, haben wir es wenigstens versucht.” So lautete unsere Entscheidung im März 2020. Ganz am Anfang der Krise, als die gesamte Reiseszene – teilweise aus gutem Grund – regelrecht panisch reagierte. Auch wir haben uns von allen Seiten ziemlich verunsichern lassen. Trotzdem war die Beunruhigung nicht groß genug, um uns zur Rückkehr nach Deutschland zu bewegen. Zumindest haben wir das so erzählt. Vielleicht war aber auch einfach die Angst vor einer Heimkehr unter diesen Umständen viel, viel größer.
Damals hofften wir noch, dass diese Zeit ausreichen könnte. Dass wir diesen temporären Rückschlag durch unsere Geduld schließlich als ein schwieriges, aber notwendiges Kapitel in unserer großen Reisegeschichte einordnen können. Wir müssen nur durchhalten!
Die unbequeme Realität
Diese Ein-Jahres-Frist hatte vor allem eine Beruhigungsfunktion. Sie sollte uns davor bewahren, jeden Tag auf’s Neue zu überlegen, ob das hier noch Sinn ergibt und wo es denn in Zukunft weitergehen könnte.
Das hat uns viel Stress genommen – trotzdem haben wir immer wieder den Nachrichten entgegengefiebert, uns über Politik geärgert, täglich diskutiert, über Erfolge gefreut und dann wieder von der Aussichtslosigkeit runterziehen lassen.
So ist ein Jahr in Mexiko vergangen, in dem es gleichwohl schöne Erlebnisse gab. Doch mit dem Näherrücken des Enddatums drängte sich eine unvermeidbare Frage zunehmend auf: Was machen wir, wenn wir wirklich zurückkehren müssen?
Ein ungeliebtes Thema, dem ich ständig ausgewichen bin. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Das soll also das Ende der Reise sein? Allein der Gedanke brach mir das Herz.
Wahrscheinlich lag das auch daran, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, nur für eine Weile nach Deutschland zurückzukehren. Wenn wir uns niederlassen, dann nicht für ein paar Monate, dann nicht, um wieder alles loszuwerden und zu gehen. Wir müssen erst das große Reise-Kapitel abschließen. Danach können wir uns beruhigt ein Zuhause suchen und uns all den anderen schönen Dingen widmen, die mit unserem derzeitigen Lebensstil leider nicht vereinbar sind.
Reise-Radikalität
Die Welt interessiert aber nun herzlich wenig, was ich mir da im Kopf zusammengesponnen hab. Und während es zunehmend schlechter für eine baldige Weiterreise aussieht, trauere ich allem hinterher.
Warum fällt es mir überhaupt so schwer, unsere Reisepläne loszulassen? Wieso bin ich so radikal? Die Wahrheit ist: es fühlt sich wie eine Niederlage an. Wir haben auf unserem Weg so viel durchgestanden und eingesteckt – doch nicht für so ein unwürdiges, unabgeschlossenes Ende. Das ist nicht fair!
All diese quälenden Gedanken, obwohl ich das Reisen ehrlich gesagt schon seit längerer Zeit nicht mehr so genießen kann. Mag lächerlich klingen für all jene, die viel eingeschränkter in dieser Zeit sind und sich nach unserer Freiheit sehnen. Das Reisen ist jedoch nicht mehr das Gleiche, seitdem man jegliche menschliche Begegnungen vermeiden muss. Dazu kommt, dass wir konstant erschöpft sind und uns mittlerweile mehr über eine feste Unterkunft mit einer warmen Dusche, als über den fünfzehnten Wasserfall freuen, der ja nun auch “nichts besonderes” mehr ist.
Wir haben es ausgereizt. Eigentlich kein schlechter Zeitpunkt für eine Verschnaufpause. Aber mich selbst dafür zu bemitleiden, dass es nun doch nicht so klappt, wie ich es mir mal ausgemalt hatte: das kann ich richtig gut!
Es ist einfach bescheuert – von mir, so zu denken. Trotzdem mache ich das manchmal. Ich bin eben auch nur ein Mensch, der manchmal den Blick für das Wesentliche verliert. Der sich hin und wieder selbst daran erinnern muss, was er für ein Glück hat. Jaja, meckern auf ganz hohem Niveau: das kann ich auch!
Der letzte Schritt
Drum mach ich es kurz und werde das wochenlange Wechselbad der Gefühle nicht weiter ausführen, sondern unsere Entscheidung bekanntgeben: wir bereiten uns auf eine Rückkehr nach Deutschland im Sommer vor.
Die Welt braucht gewiss noch etwas Zeit. Also sollte ich mich von dem verabschieden, was momentan einfach nicht möglich ist. Und das machen, was ich vorher für ausgeschlossen hielt.
Allein das so niederzuschreiben, macht mich wahnsinnig traurig. Es heißt ja immer, der erste Schritt wäre der schwierigste – ganz im Gegenteil: nichts kostet mich so viel Überwindung wie dieser letzte! Auch wenn ich mich auf Freunde, Familie und die zahlreichen Annehmlichkeiten in Deutschland freue.
Doch es ist, wie es ist: ein vorläufiges Ende, das wir uns so nie gewünscht haben. Wir hoffen, dass diese Pause wieder die gleiche Reiselust entfacht, mit der wir damals aufgebrochen sind. Reichlich Ideen, wie es dann weitergehen könnte, gibt es jedenfalls schon…
3 Jahre? Mir kommt es wie gestern vor als ich, voller Neid, eure Reise auf dem Schiff übers Meer verfolgt habe.
Aber Kopf hoch, ihr hab etwas erlebt wovon viele andere über den Status vom “träumen” nicht darüber kommen, habt dabei viel erlebt und könnt sicherlich noch lange von diesen Erinnerungen und Erfahrungen erzählen.
Zudem das Ende dieser Reise muss ja nicht bedeuten dass es irgendwann nicht weiter geht.
Für uns ist diese Zeit auch wahnsinnig schnell vergangen… Natürlich wird es irgendwann weitergehen, momentan ist das aber eher ein kleiner Trost.
Ich war nie so lange unterwegs und ahne trotzdem, wie ihr euch fühlt.
Die Welt hat euch doch irgendwie zum Abbruch gezwungen, ob ihr nun reisemüde seid oder nicht.
Es ist eine Art Trauer und die hat ihre Existenzberechtigung.
Irgendwann erzählt ihr uns auf Vorträgen von eurer grandiosen Reise – und werdet genauso strahlen wie wir im Publikum.
Alles andere findet sich.
Dann danke für eure Erzählungen!
Vielen Dank für die lieben Worte!
Fühlt sich sicherlich momentan kacke an! Wir glauben aber, dass wir nicht das letzte Mal von euren tollen Reisen gelesen haben. Ihr seid eine Inspiration für uns und wir sind gespannt auf euer nächstes Abenteuer – das kommt bestimmt bald 🙂
Danke, ihr Lieben!
Es fühlt sich vielleicht wie aufgeben an, das ist es aber nicht. Ein wesentlicher Bestandteil eures Konzeptes vom Reisen ist doch die Begegnung mit Menschen. Und wenn man die meiden muss, macht es keinen Sinn mehr. Wenn ihr eines gelernt habt auf eurer Reise, dann ist es doch wohl, flexibel auf veränderte Situationen zu reagieren. Und genau das tut ihr jetzt. Es ist jetzt wohl die Zeit für etwas anderes gekommen.
Ich jedenfalls freue mich – genau wie Barbara – riesig, euch bald wieder in die Arme schließen zu können. ????
Die Situation fühlt sich wirklich wie der Härtetest in Flexibilität an… mal schauen, wie gut wir den noch bestehen werden. Alles für die Rückkehr vorzubereiten ist schon jetzt ein Abenteuer für sich. Wir drei freuen uns auch schon sehr auf euch!
Tut mir leid für euch! Auch für uns in Deutschland steht die Welt still! ????
Darf euer neues Teammitglied mit nach Deutschland?
Ja, na klar! Der Teddy ist jetzt ein Familienmitglied und wird uns nicht mehr los!
Ach ihr lieben Menschen…… Ich denke auch, es ist nie zu spaet wieder aufzubrechen. Es scheint tatsächlich an der Zeit zu sein, sich einzugestehen, dass eine Pause, Rückkehr, bzw Unterbrechung gerade das ist, was ihr braucht. Vielleicht wird es ja auch eine Entscheidung werden nur an einem Ort zu leben . Aber egal wie, ihr koennt immerwieder weitermachen, wenn die Zeit reif dafür ist. Es muss keine endgültige Entscheidung sein, die nie wieder revidiert werden kann…. Umarmung Car
Ganz genau! Wir schicken eine große Umarmung zurück!
It’s difficult now but this will eventually pass and new plans can be made which can take you on an interesting path not previously considered.
I also had my moto travel stopped by Covid. I went through denial, anger and then sadness but I start to have new ideas and new hope and wish the same for you.
Thank you, we are feeling sorry for you, too!
We also went through the different phases of grief – and eventually arrived at acceptance 🙂 !
Hope to meet you on the road one day.
Ist vermutlich die beste Entscheidung – aufhören, wenn es keine Freude mehr bereitet. Von daher also genau das richtige. Der Zeitpunkt ist natürlich unglücklich, denn wenn die USA so weitermacht mit ihrem Impfprogramm, sollte eine Weiterreise im Sommer zumindest unter dem Gesichtspunkt der Gefahren durch die Pandemie möglich sein.
Aber auch wenn ihr jetzt erst einmal zurück kommt – das muss ja nicht bedeuten, dass ihr nie wieder mit dem Mopped verreist. Und wer weiß, was das dann für ein Projekt wird. Ich jedenfalls hatte großen Spaß daran zu sehen, wie ihr im Laufe der Tour gewachsen seid, und drücke Euch die Daumen für die Zukunft.
Das stimmt, die USA legen schon ein zügiges Tempo vor. Für eine Weiterreise nach Kanada wäre das Timing dann aber fast schon wieder schlecht (mal angenommen, die würden auch ihre Grenze öffnen).
Trotz alledem – wir hatten auch großen Spaß. Nicht nur am Reisen, sondern auch am Bloggen und den Kontakten, die darüber entstanden sind. Dem Motorradreisen werden wir also sicher treu bleiben. Liebe Grüße
Nehmt die Zwangspause so sportlich wie es nur geht…!
Wenn diese f……. Pandemie vorbei ist, gehts wieder los und ihr macht einfach weiter!
Ich drücke euch die Daumen, bleibt gesund!
Gruß E.
Dankeschön und liebe Grüße zurück!
Ja das ist schade, kann ich aber gut nachvollziehen. Mir ging es ähnlich, auch wenn ich mir damals kaum Zeit zum überlegen gelassen hatte, sondern aus Kolumbien in letzter Minute geflüchtet bin…mit der Hoffnung, ein paar Wochen später meine Reise dort fortsetzen zu können. Irgendwann musste ich dann aber auch meinen Traum von der kompletten Erdumrundung begraben, was schon sehr schmerzhaft war und auch immer noch ist. Aber wir waren unterwegs. Und das sollten wir zu schätzen wissen, da es einige gibt, die letztes Jahr auf gepackten Motorrädern oder in anderen Fahrzeugen saßen und keinen Meter los kamen.
Ist schade, aber ist halt so. Nun gilt es, wie so oft während einer Reise, neue Pläne zu schmieden und dankbar für die Zeit vor Corona zu sein.
Genießt eure Zeit in Mexiko noch so intensiv wie möglich und kommt gut heim!
Du bringst es auf den Punkt, Armin! Damals hatten wir alle noch geglaubt, es würde schon nicht so lange dauern – naja! Wir können uns jedenfalls sehr dankbar schätzen. Und das mit dem über den Weg fahren kriegen wir auch noch hin 😉
Wie heißt es so schön, “die Hoffnung stirbt zuletzt”. Es ist sehr schade, dass Ihr euren Traum nicht weiter verfolgen könnt. Aber man muß loslassen, um einen Neustart zu finden.
Wünsche euch ein gutes Ankommen in eurer Heimat
Beste Grüße Eberhard
Dankeschön, Eberhard!